Colin Goldner Lebenswürde für Tiere oder lebenslang im Zwinger? Nach Gnadenhof-Durchsuchung wird Tierschutz-Verfahren gegen Geldbuße eingestellt Der nahe Wangen im schwäbischen Allgäu gelegene Gnadenhof „Lebenswürde für Tiere“, betrieben von der Malerin und „Hundeflüsterin“ Christiane Rohn, galt lange Zeit als Vorzeigeprojekt. Durch die Aufnahme des Hundes "Sugar" aus Hamburg, der von Boulevard-Zeitungen zur „gefährlichsten Kampfbestie Deutschlands“ stilisiert worden war, erhielt Rohn bundesweite mediale Aufmerksamkeit. Politprominenz jeder Sparte machte sich für den Gnadenhof stark. Im Jahre 2004 war Rohn der Sonderpreis zum Tierschutzpreis des Landes Baden-Württemberg zuerkannt worden, 2005 erhielt sie, unter der Schirmherrschaft von Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf, den Sonderpreis "Tier in Not" der Drogeriekette Rossmann. Doch dann geriet das Bild der zur Kultfigur aufgebauten Tierschützerin Rohn ins Wanken. Im September 2005 wurde der Hof von einem rund 40 Mann starken Aufgebot an Polizei, Staatsanwaltschaft und Veterinärbehörden durchsucht. Der Vorwurf lautete sinngemäß: Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und Veruntreuung von Spendengeldern. Kritisiert wurde insbesondere die augenscheinlich gesetzwidrige Käfigverwahrung von zeitweise bis zu 120 Hunden in einer für Hundehaltung völlig ungeeigneten ehemaligen Reithalle. Frühere Mitarbeiter hatten unter anderem über verwahrloste Hunde in viel zu kleinen Zwingern berichtet, aus denen die Tiere selten bis gar nie herausgekommen seien. Christiane Rohn bezeichnete die Vorwürfe als "böswillige Verleumdung" und "Rufmordkampagne“ und verwies auf zahlreiche Veterinärkontrollen, die stets zufriedenstellend verlaufen seien. Dem widersprach der Leiter des zuständigen Veterinäramts Ravensburg, Dr. Johann Hartmann: Die Behörden hätten nicht in alle Bereiche des Hofs Zutritt erhalten. Im Übrigen stelle eine veterinäramtliche Betriebsbewertung immer nur eine "Momentaufnahme" dar. Nach über einem halben Jahr wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Anfang Mai 2006 abgeschlossen: das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße und die Erfüllung einer Reihe an Auflagen eingestellt. Laut Staatsanwältin Christiane Weiss haben Tiere „vereinzelt erheblich gelitten“. Eine Halteform, die Tieren „erhebliches Leid" zufügt, sei als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz beziehungsweise als Straftat zu werten. Solche Fälle habe es auf dem Gnadenhof gegeben. In der Gesamtschau der Ermittlungen könne es die Behörde aber verantworten, gegen Zahlung einer Geldbuße von einer Klage abzusehen, zumal eine Vielzahl der insgesamt festgestellten Verstöße rechtlich als Ordnungswidrigkeiten zu bewerten seien, die wegen Verjährung nicht mehr verfolgt werden könnten. Bestätigung fand zudem der Vorwurf, dass Frau Rohn eine korrekte Trennung zwischen betrieblichen und privaten Einkünften nicht vorgenommen hatte. Laut Staatsanwaltschaft sei hieraus allerdings kein erheblicher Schaden zum Nachteil des Gnadenhofes entstanden. Der Hof, ein 7-Hektar-Gelände mit Herrenhaus und Gestütsanlagen, steht überwiegend in Privatbesitz Rohns. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wird von den Parteien unterschiedlich interpretiert. Rohn verteidigt die Zahlung des Bußgeldes mit dem Hinweis, dass durch die Aktionen von „rachsüchtigen Neidern“ schon großer finanzieller Schaden entstanden sei. Ein Gerichtsverfahren hätte die ganze Sache noch mehr angeheizt, was zu weiteren Spendenausfällen geführt hätte. Die Kritiker des Gnadenhofs sehen in der Verhängung der Geldbuße durch die Staatsanwaltschaft und deren Bezahlung durch Rohn Beleg und Eingeständnis von Schuld und werfen den Behörden vor, insofern erwiesene Tierquälerei wieder einmal nicht streng genug bestraft zu haben. CG |